Ein Abend für Gysi, ein paar Minuten für Marx

Saarburg . Das Mosel Musikfestival lädt einen prominenten Gast ein, um über den regionalen Nationalheiligen zu reden. Von Rainer Nolden - Trierischer Volksfreund 2.9.2018

AnniKa von Trier und Gregor Gysi in der Glockengießerei. FOTO: TV / Anne Heucher
AnniKa von Trier und Gregor Gysi in der Glockengießerei. FOTO: TV / Anne Heucher

Ein Salon mit MarXperten – auch wenn das Wortspiel etwas bemüht wirkt, kann man sich schon irgendwie vorstellen, was das bedeuten soll: Lasst uns über Karl Marx reden. Muss ja wohl interessant und informativ werden, vor allem, wenn der MarXperte Gregor Gysi heißt, Rechtsanwalt a. D., Politiker a. D., charmanter, witziger und geistreicher Plauderer i. D. (immer noch im Dienst). Die Idee dieses Salons, zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert oft von wohlhabenden, gebildeten und manchmal auch adligen Damen zwecks kulturellem Engagement ins gutbürgerliche Leben gerufen, kommt auch in diesem Fall von einer Dame. Zwar, soweit bekannt, nicht adlig, obwohl es fast so klingt, aber sonst passt’s schon: AnniKa von Trier, die ihren Familiennamen Krump gegen ihren Geburtsort ausgetauscht hat, war unter anderem Gastgeberin des „Nachtcafés“ im Roten Salon der Berliner Volksbühne und hat diese Idee jetzt in die Saarburger Glockengießerei gebracht, einst einem Ort schweißtreibender Arbeit. Genau die richtige Lokalität, um einen „demokratischen Sozialisten“, wie Gysi sich selbst bezeichnet, zu Leben und Leistung eines Mannes zu befragen, dem eben diese Arbeiter am Herzen lagen.

 

Auftritt Gysi. Der gewinnt die Aufmerksamkeit (und auch ein paar Herzen) des Publikums im Handumdrehen und berichtet sehr humorvoll über sein Leben zwischen Scheidungsklagen und Bundestag und seine berühmte Familie.

 

Moment mal: Wollten wir nicht über Karl Marx reden? AnniKa von Trier scheint selbst so fasziniert zu sein von Gysis Lebensbericht, dass sie als „Talkmasterin“ kaum steuernde oder bremsende Stichworte einwirft, um das Gespräch in die Richtung zu lenken, von der der Zuschauer anfangs noch gedacht hatte, dass es sie nehmen würde. Ja, der Marx. Zerknirscht gibt der „MarXperte“ Gysi zu, dass er vom „Kapital“ gerade einmal den ersten Band gelesen habe; trotzdem kommt auch seine Würdigung nicht über ein paar Allgemeinplätze hinaus, die sich auf die weltweite Bedeutung des Trierers beschränken. 

 

Na, da haben sie ja doch noch irgendwie die Kurve zum angekündigten Thema gekriegt, der Gregor und die AnniKa („wir kennen uns vom Theater, dort duzt man sich“, erklärte sie).